Was ist Yoga eigentlich?

Was ist Yoga eigentlich? (Und warum die Antwort oft gar nicht so einfach ist)

Wenn du dich das zum ersten Mal fragst, kann die Verwirrung schnell groß sein:
Ist Yoga jetzt eher Sport oder eher Meditation? Geht’s um Stretching, um Räucherstäbchen – oder um irgendwas mit Indien?

Die ehrliche Antwort: Es kommt drauf an.
Denn es gibt nicht die eine Definition von Yoga – sondern viele. Und genau das macht es für viele am Anfang so schwer, einen Zugang zu finden.

Mehr als nur Dehnen

Klar, viele Menschen starten mit Yoga, weil sie Rückenprobleme haben oder entspannen wollen. Und das ist auch super. Aber das ist nur ein kleiner Teil von dem, was Yoga eigentlich meint.

 

Im uns überlieferten Yogasutra von Patanjali (einer sehr wichtigen Grundlagenschrift des Yoga ) steht schon im zweiten Satz:

 

Yoga ist das Zur-Ruhe-Bringen der geistigen Bewegungen.
(citta-vritti-nirodaha)

 

Das klingt erst mal simpel, ist aber im Alltag oft eine ziemlich herausfordernde Angelegenheit.
Denn unser Geist ist ständig in Bewegung – mit Gedanken, Gefühlen, Bewertungen, Plänen, Sorgen…
Yoga ist eine Einladung, da ein bisschen Ruhe reinzubringen.

 

Und weil das gar nicht so einfach ist, gibt es viele unterschiedliche Wege dahin:
Von der stillen Atembeobachtung bis zum ekstatischen Tanz – Hauptsache, es bringt dich näher zu dir selbst.

 

Die 8 Glieder des Yoga

Im sogenannten Raja-Yoga (auch: klassischer Yogaweg) werden acht „Glieder“ beschrieben.
Sie zeigen, wie man Schritt für Schritt zu mehr Ruhe, Klarheit und Verbindung kommt – mit sich selbst, mit anderen und mit dem Leben an sich.

 

Die ersten fünf sind eher äußere Übungen:

 

  1. Yama – Wie gehe ich mit anderen um? (z. B. Gewaltfreiheit, Wahrhaftigkeit, Großzügigkeit)
  2. Niyama – Wie gehe ich mit mir selbst um? (z. B. Selbstfürsorge, Achtsamkeit, innere Klarheit)
  3. Asana – Körperhaltungen, bewusst ausgeführt
  4. Pranayama – Atempraxis, Energie spüren und lenken
  5. Pratyahara – Die Sinne zurückziehen, weniger Reiz-Reaktion, mehr innere Stille

 

Dann folgen die drei „inneren“ Glieder:

 

  1. Dharana – Konzentration
  2. Dhyana – Meditation, fließende Aufmerksamkeit
  3. Samadhi – Versenkung, tiefes Einssein mit dem, was ist

 

Alle diese Stufen sind wie eigene Wege – du musst nicht alle auf einmal gehen. Manchmal reicht schon eine einzelne Praxis, um mehr Klarheit zu spüren.

 

Yoga im Westen – was bleibt, was fehlt?

In westlichen Yogakursen liegt der Fokus oft auf dem Körper: Dehnung, Kräftigung, Atmung.
Und das ist gut so – der Körper ist ein toller Einstieg.
Aber ich finde: Auch Fragen wie „Wie gehe ich eigentlich mit mir selbst um?“ sollten Raum bekommen.

 

Gerade in der Gruppe spürt man oft schnell, ob da ein wertschätzendes Miteinander herrscht – oder ob jede*r nur „funktionieren“ will.
Und auch das bewusste Wahrnehmen unserer Sinne (Pratyahara) kann helfen, diesen ständigen inneren Kommentator ein bisschen ruhiger werden zu lassen.

Und Meditation?

Die Meditation kommt manchmal ganz von selbst – wenn Bewegung und Atmung auf einmal eins werden.
Aber es lohnt sich auch, sich dafür bewusst Zeit zu nehmen.
Ob im Sitzen, Liegen oder Stehen – diese stillen Momente helfen, wieder in Kontakt mit sich selbst zu kommen.

Yoga als Haltung

Yoga muss nicht immer auf der Matte passieren.
Es kann auch ein Moment sein, in dem du mit Hingabe kochst.
Oder in dem du jemandem hilfst – einfach, weil es sich richtig anfühlt.
Oder wenn du ganz versunken etwas mit den Händen erschaffst.

 

Was dann zählt, ist deine innere Haltung:
Achtsamkeit. Freundlichkeit. Dankbarkeit.
Oder wie die Yogaphilosophie es beschreibt: die Yamas und Niyamas im echten Leben.

 

Und manchmal ist alles auch wieder weg…

Ja, es gibt sie, diese herrlich stillen Momente im Geist – dieses Einssein, das einfach glücklich macht.
Aber manchmal reicht ein einziger Trigger, und zack: alles wieder vorbei.
Dann ist da wieder das alte Chaos. Der Sturm im Kopf.

 

Und das ist völlig okay.
Denn auch das gehört zu Yoga: zu merken, wie es gerade ist – ohne sich dafür zu verurteilen.

 

Mit der Zeit, so scheint es, werden die ruhigen Momente häufiger.
Und die Unruhe verliert ein bisschen von ihrem Schrecken.

 

Fazit?

Yoga ist kein Ziel.
Yoga ist ein Weg – mit vielen Möglichkeiten, immer wieder neu zu beginnen.

 

Und je öfter du gehst, desto schöner wird der Weg.